Wann steht Arbeitnehmern Sonderurlaub zu?

Hochzeit, Geburt, Familienfeier – Beschäftigte können zu bestimmten Anlässen Sonderurlaub nehmen. Doch wie viele Tage pro Jahr kann der Urlaub umfassen? Und: Muss der Arbeitgeber ihn immer genehmigen? Die Deutsche Anwaltauskunft erklärt.

Was unter den Begriff „Sonderurlaub“ fällt, ist arbeitsrechtlich nicht klar definiert. In der Alltagssprache jedoch meint Sonderurlaub eine Freistellung von der Arbeit, die Beschäftigten aus besonderen Anlässen und zusätzlich zum Jahresurlaub gewährt wird. Sonderurlaub kann etwa auch ein sogenanntes Sabbatical sein, Bildungsurlaub ist in landeseigenen Gesetzen geregelt und wird teilweise auch als Sonderurlaub bezeichnet.

Dabei ist es für Arbeitnehmer wichtig zu wissen, dass es für bezahlte Sonderurlaube keine gesetzliche Grundlage gibt. Aus der fehlenden gesetzlichen Grundlage folgt in der Praxis, dass Arbeitgeber in der Regel nicht dazu verpflichtet sind, Beschäftigten bezahlten Urlaub über den vereinbarten oder gesetzlichen Jahresurlaub hinaus zu gewähren. Eine Pflicht dazu besteht für Arbeitgeber nur dann, wenn sie mit den Beschäftigten Vereinbarungen zum Sonderurlaub getroffen haben. Diese Vereinbarungen können in Betriebsvereinbarungen, aber auch in Arbeits- oder Tarifverträgen festgelegt sein.

Ein Blick in diese Regelwerke lohnt sich für Beschäftigte also. Hieraus geht nicht nur hervor, ob man überhaupt Sonderurlaub beanspruchen darf, sondern zum Beispiel auch, zu welchen Anlässen man ihn durchsetzen kann. Außerdem geht aus den Vereinbarungen in aller Regel hervor, wie lange der Sonderurlaub je nach Anlass dauern darf.

Freistellung mit Arbeitgeber aushandeln

Doch was geschieht, wenn Arbeitnehmer keinen garantierten Anspruch auf Sonderurlaub oder eine bezahlte Freistellung haben, weil ihr Unternehmen vertragliche Regeln dazu nicht kennt? Dürfen diese Beschäftigten dann bei besonderen Anlässen nicht frei nehmen?

Arbeitnehmer haben hier verschiedene Möglichkeiten. „In solchen Fällen empfiehlt es sich, mit dem Arbeitgeber eine bezahlte oder unbezahlte Freistellung auszuhandeln“, sagt der Wiesbadener Rechtsanwalt Jakob T. Lange von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Häufig seien Arbeitgeber kulant und gewährten in berechtigten Fällen bezahlten Sonderurlaub.

Möglicherweise können sich Arbeitnehmer aber auch auf §616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) berufen. Denn dieser Paragraph erlaubt unter dem Titel „Vorübergehende Verhinderung“ einem Beschäftigten, der Arbeit für kurze Zeit fernzubleiben, wenn er durch „einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“ Seinen Anspruch auf Vergütung werde er „nicht dadurch verlustig“.

Wann kann ein Beschäftigter der Arbeit für kurze Zeit fern bleiben?

„Aus §616 BGB geht hervor, dass ein Arbeitnehmer kurze Zeit von der Arbeit abwesend sein darf. Der Grund dafür muss immer persönlich sein“, erklärt der Arbeitsrechtsexperte Jakob T. Lange. Was das für Gründe sein können, regelt §616 BGB aber nicht im Detail, was wegen der vielen denkbaren Anlässe auch nicht möglich ist.

In der Praxis haben sich aber einige Anlässe etabliert, wegen denen Beschäftigte bezahlt der Arbeit fern bleiben können. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sie oder ihre Kinder heiraten, sie die eigene Silberhochzeit feiern oder ihre Eltern die goldene Hochzeit begehen. Weitere Gründe, die in der Praxis anerkannt sind: die Niederkunft der Ehefrau oder Lebenspartnerin oder der Tod und die Beerdigung naher Angehöriger.

Da der Grund für die Abwesenheit von der Arbeit immer in der Person des Arbeitnehmers liegen muss und nur diesen Beschäftigten betreffen darf, legitimieren etwa Verkehrsbehinderungen, widriges Wetter wie Glatteis oder ein Schneesturm keinen Sonderurlaub.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können abweichende Regelungen vereinbaren

„Wie lange ein Arbeitnehmer nach §616 der Arbeit fern bleiben darf, ohne seinen Anspruch auf seine Vergütung zu verlieren, hängt unter anderem davon ab, wie lange er in dem Unternehmen beschäftigt ist“, erklärt Rechtsanwalt Jakob T. Lange. „Eine Verhinderung für nur wenige Stunden oder Tage dürfte in den meisten Fällen von § 616 BGB gedeckt sein. In bestimmten Fällen kann aber auch ein längerer Zeitraum in Betracht kommen.“ Eine allgemeingültige Aussage lasse sich hierzu nicht treffen, es komme immer auf den Einzelfall an.

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit §616 BGB ist, dass diese Vorschrift nicht zwingend ist. Das bedeutet: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie die Tarifvertragsparteien können davon abweichende Regelungen vereinbaren. Diese gehen dann der Vorschrift vor. Deshalb muss man immer prüfen, ob es solche abweichenden Vereinbarungen gibt, bevor man auf §616 BGB zurückgreift und daraus Ansprüche herleitet.

Können sich Beschäftigte für Vorstellungsgespräche frei nehmen?

Ja. Die entsprechende Vorschrift ist §629 des BGB, und diese regelt, dass man als Beschäftigter für Vorstellungsgespräche frei nehmen darf. „Die Voraussetzung dafür ist aber, dass die Kündigung ausgesprochen ist“, sagt Rechtsanwalt Lange. „Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber oder der Beschäftigte gekündigt hat.“ Diese Vorschrift regelt allerdings nicht, ob die Arbeitnehmer für diese Zeit eine Vergütung erhält oder nicht, ein Anspruch ist aber nach §616 BGB möglich.

Sonderurlaub wenn die Kinder krank sind?

Müssen berufstätige Eltern kranke Kinder unter 12 Jahren pflegen, greift § 45 des Sozialgesetzbuches V. Demnach dürfen Eltern zur Pflege kranker Kinder der Arbeit für eine gewisse Zeit fern bleiben. Es besteht insoweit ein Anspruch auf unbezahlte Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber. Finanziell springt die Krankenkasse mit einem Pflege-Krankengeld ein.

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