Jobwechsel: Haben Arbeitnehmer doppelten Urlaubsanspruch?

Bei einem Wechsel des Arbeitsplatzes stellt sich manchem Arbeitnehmer die Frage, welche Urlaubsansprüche er gegenüber seinem früheren, aber auch dem neuen Arbeitgeber hat. Die Deutsche Anwaltauskunft erklärt die Rechtslage.

Viele Arbeitnehmer wünschen sich mehr Urlaub. Zumindest zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov von 2013, dass die meisten Befragten die Zahl ihrer bezahlten Urlaubstage pro Jahr für zu gering halten. Dabei sind besonders junge Arbeitnehmer mit den Urlaubsregeln unzufrieden, 75 Prozent der 18- bis 34-Jährigen fordern mehr Urlaub. 

Wie viel Urlaub haben Beschäftigte im Jahr?

Arbeitnehmer haben hierzulande im Durchschnitt 30 bezahlte Urlaubstage pro Kalenderjahr, ihre genaue Anzahl kann je nach Branche und Arbeitsvertrag variieren. Arbeitgebern steht es frei, den Angestellten in ihren Unternehmen mehr Urlaubstage als die gesetzlich mindestens vorgesehenen zuzugestehen und dies vertraglich mit ihnen zu vereinbaren.

Arbeitgeber dürfen den Angestellten in ihren Unternehmen nur nicht weniger Urlaub gewähren, als ihnen nach dem Bundesurlaubsgesetz mindestens zusteht. Demnach liegt der Mindesturlaubsanspruch von Beschäftigten bei einer sechstägigen Arbeitswoche bei 24 freien Tage pro Jahr, bei einer 5-Tage-Woche dürfen Arbeitnehmer mindestens 20 Urlaubstage beanspruchen. Der Mindesturlaubsanspruch reduziert sich parallel zu den Tagen, die ein Arbeitnehmer wöchentlich arbeitet. Das bedeutet: Jemandem, der zum Beispiel nur vier Tage pro Woche arbeitet, stehen nur mindestens 16 freie Tage zu.

Der Mindesturlaubsanspruch kann bei Jugendlichen und Schwerbehinderten höher liegen.

Wann hat man Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub?

Beginnt ein Beschäftigter in einem Unternehmen zu arbeiten, steht ihm für jeden vollen Monat, den er dort tätig ist, ein Zwölftel seines Jahresurlaubs zu. Bei einem Urlaubsanspruch von 24 Tagen sind das also zwei Tage pro Monat. Nach sechs Monaten, der sogenannten Wartezeit, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf seinen vollen Jahresurlaub.

Urlaubsanspruch und Jobwechsel

Wenn ein Beschäftigter seinen Arbeitsplatz wechselt, kann sich manchmal die Frage stellen, wie viel Urlaub ihm bei seinem früheren und beim neuen Arbeitgeber zustehen.

Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer beendet sein Arbeitsverhältnis bei einem Unternehmen zum 31. Mai und beginnt am 1. Juni bei einem neuen Chef zu arbeiten an. In diesem Fall hat der Beschäftigte gegenüber seinem früheren Arbeitgeber einen Anspruch auf Urlaub von 5/12 seines jeweiligen Jahresurlaubes. Bei seinem neuen Arbeitgeber erwirbt er einen anteiligen Urlaubsanspruch. Dieser beträgt 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat, in dem er dort tätig ist. 

Nach einer Wartezeit von mindestens sechs Monaten hat der Beschäftigte Anspruch auf seinen kompletten Jahresurlaub. Von diesem muss der er aber die Urlaubstage abziehen, die er bereits bei seinem früheren Arbeitgeber genommen hat.

Arbeitsplatzwechsel nach Erwerb des vollen Urlaubsanspruchs 

Rechtlich kompliziert kann es werden, wenn ein Arbeitnehmer auf einen neuen Arbeitsplatz wechselt nachdem er bei seinem früheren Arbeitgeber bereits den vollen Urlaubsanspruch erworben hat. Hier sind zwei Szenarien denkbar:

Beispiel 2: Ein Arbeitnehmer wechselt zum 1. September in eine neue Firma. Da er bereits sechs Monate bei seinem früheren Arbeitgeber tätig war, hat er dort einen Anspruch auf seinen kompletten Jahresurlaub erworben. Von den ihm zustehenden 30 Urlaubstagen hat der Beschäftigte beim früheren Arbeitgeber nur 20 Tage aufgebraucht, zehn Tage hat er also noch übrig. Diese zehn Tage konnte der Beschäftigte beim früheren Arbeitgeber nicht nehmen, ausbezahlt worden sind sie ihm auch nicht. „In solchen Fällen hat der Arbeitnehmer beim neuen Arbeitgeber Anspruch auf anteiligen Urlaub“, erklärt der Wiesbadener Rechtsanwalt Jakob T. Lange von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Das aber nur dann, wenn dieser mehr als 20 Urlaubstage im Jahr gewährt.“

Wie viele von seinen verbleibenden Urlaubstagen ein Arbeitnehmer nach einem Jobwechsel nehmen darf, hängt nämlich von der Anzahl der jährlichen Urlaubstage ab, die der neue Arbeitgeber vertraglich zusichert. Im beschriebenen Fall könnten sich die freien Tage also reduzieren, wenn der neue Chef weniger Urlaub gewährt als der frühere Arbeitgeber. 

Um einem neuen Arbeitgeber nachzuweisen, wie viele freie Tage man noch hat, kann man seinem neuen Chef eine Urlaubsbescheinigung vorlegen, wenn dieser Auskunft über den genommenen oder bereits abgegoltenen Urlaub verlangt. Diese Bescheinigung muss der frühere Arbeitgeber ausstellen, darauf haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch, wie das Bundesarbeitsgericht klargestellt hat (AZ: 9 AZR 295/13). 

Doppelte Ansprüche auf Jahresurlaub?

Beispiel 3: Ein Arbeitnehmer wechselt zum 1. September in eine neue Firma. Beim früheren Arbeitgeber, bei dem er wegen der erfüllten Wartezeit von sechs Monaten Anspruch auf seinen kompletten Jahresurlaub erworben hat, hat er seine gesamten Urlaubstage aufgebraucht. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Urlaub beim neuen Arbeitgeber. Ein Urlaubsanspruch entsteht erst wieder mit Beginn des neuen Kalenderjahres. 

Diese Rechtslage ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz. Dieses sieht vor, dass Arbeitnehmer nur einmal pro Kalenderjahr einen Jahresurlaub beanspruchen können und schließt doppelte Urlaubsansprüche aus. 

Eine Ausnahme besteht dann, wenn der neue Arbeitgeber mehr Urlaub als der vorherige Chef anbietet. Dann kann dem Beschäftigten ein anteiliger Urlaubsanspruch zustehen, obwohl er den Jahresurlaub bei seinem früheren Arbeitgeber vollständig genommen hat.

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